Sich selbst des Denkens Leuchten
Im Innern kraftvoll zu entfachen,
Erlebtes sinnvoll deutend
Aus Weltengeistes Kräftequell,
Ist mir nun Sommererbe,
Ist Herbstesruhe und auch Winterhoffnung.
Lange Zeit war es sehr still hier. Zeit des Wandels und des Abschieds
Wir haben als Familie die letzten Wochen sehr intensiv unsere Uroma auf ihrem letzten Weg begleitet.
Lange schon war sie krank. Hat sich immer wieder aufgerappelt. Gekämpft. Uns zum Staunen gebracht.
Nun aber, wurde sie vor einigen Tagen erlöst
Diese Zeit hat uns sehr viel gegeben und gleichzeitig sehr viel Kraft gekostet. Glück & Trauer liegen so nah beieinander.
Es hat mir gezeigt, wie stark das Band der Familie hält und gleichzeitig auch, wie es Menschen verändert oder sogar bei Menschen die mir immer nahe standen, eine Mauer zieht.
Es hat mir bewusst gemacht dass das Thema Tod immernoch ein grosses Tabuthema für viele ist.
Alleine der Gedanke, da ist jetzt jemand, der mit diesem Thema intensiv konfrontiert wird, scheint viele abzuschrecken – was ich sehr schade finde.
Nicht etwa aus eigennützigen Gründen. Es geht mir nicht darum, dass ich mir gewünscht hätte der ein oder andere hätte nach mir gefragt oder mich umarmt. Aber ist es nicht auch irgendwo ein Thema das uns alle angeht und berührt?
Haben wir nicht alle schon jemanden verloren, der uns mehr oder weniger Nahe stand?
Vor 13 Jahren, ich war gerade im ersten Jahr auf dem Wirtschaftsgymnasium, junge 18 und wild aufs Autofahren, habe ich nach einem kurzen und heftigem halben Jahr meinen liebsten Papa verloren. Krebs
Mitte Februar stand die Diagnose & Anfang August verstarb er. Ohne Chemo, lange Krankenhausaufenthalte oder endlose Wartereien. Die Diagnose war eindeutig und die Aussicht auf Heilung Aussichtslos. Wir pflegten ihn zu Hause. Meine Mama, meine Oma und ich. Es war auch da ein sehr intensiver Prozess des Abschiedsnehmens der mit einer heftigen Trauer schon im Vorfeld besetzt war. Danach mehr der Schock.
Schon damals viel mir auf, das mich viele meideten.
Tauchte ich auf Partys auf wurde getuschelt und mir möglichst aus dem Weg gegangen. Viele hatten Angst ich würde reden wollen oder sie müssten gar nach meinem Befinden fragen. Eingeladen wurde ich selten oder erfuhr es über Dritte. Hatten die meisten wohl Angst sie müssten aus Anstand fragen, wie es mir geht oder würden eine Absage erhalten aufgrund des Gesundheitszustandes meines Vaters.
Das hat mich oft verletzt und verunsichert.
Jetzt, eine Ausbildung weiter, eine geschiedene Ehe, 3 Kinder und 13 Jahre älter kann ich das Ganze gelassener nehmen. Viele sind seit dem „gegangen“. Und es gehört wohl zum Leben dazu, das die meisten mit dem Thema Tod nicht klarkommen. Mag es aus eigenen Erinnerungen oder Berührungsängsten aus Unsicherheit sein. Viele gehen lieben Menschen lieber aus dem Weg. Und das finde ich schade!
Das Sterben ist meist nicht schön. Schmerzen, Ängste, Sorgen, unerledigte Dinge, viele Tränen und Gefühlskarusell sind tägliche Begleiter. Aber vergleiche ich das ganze mit einer Geburt, sind die Umstände doch ähnlich. Eine Geburt kann genauso schrecklich wie schön sein. Hier kann das Erlebte genauso schlimme Erinnerungen hinterlassen. Und dennoch sind hier die wenigsten auf Abstand. Eine Geburt wird dennoch anderst wahrgenommen, anscheinend weil sie Leben schenkt anstatt zu nehmen.
Wie nah diese beiden Erlebnisse beieinander liegen, hat mir die letzte Woche wieder gezeigt.
Und ich möchte euch alle zum Nachdenken anregen!
Springt über euren Schatten, verlasst eure Komfortzone und geht auf die Menschen zu. Ein Lächeln oder ein warmer Händedruck kann soviel bewirken. Es müssen keine großen Worte sein. Aber ein kleines Zeichen der Verbundenheit Wenn ihr etwas loswerden wollt, aber nicht wisst wie, dann sagt es! Genau So… DAs alleine reicht schon um dem Trauernden ein Gefühl von Achtung und Halt zu geben. Es kann Kraft geben, eine schlaflose Nacht vergessen lassen oder einfach nur ein Gefühl von Liebe auslösen.
Der Tod meiner Oma hat mich verändert. So wie mich auch die Geburt meiner Kinder verändert hat. Oder wie eine Ausbildung, eine neue Arbeitsstelle oder ein neuer Partner verändern kann. Denn es gehört zum Leben dazu
Zum Abschluss möchte ich euch noch etwas schenken. Meinen Teil der Trauerrede. Etwas das vielleicht Mut macht über Tod und Trauer nachzudenken. Denn es hat auch seine schöne Seiten!
Mondnacht
Es war, als hätt der Himmel
die Erde still geküsst,
dass sie im Blütenschimmer
von ihm nun träumen müsst.
Die Luft ging durch die Felder,
die Ähren wogten sacht,
es rauschten leis die Wälder,
so sternklar war die Nacht.
Und meine Seele spannte
weit ihre Flügel aus,
flog durch die stillen Lande,
als flöge sie nach Haus.
(von Eichendorff)
Sollte ich heute mit nur 2 Worten meine liebe Oma beschreiben, es wären diese beiden:
Weich und Wärme
Erinnerungen als Kind. Wie sie neben mir sitzt und vorliest. Bedacht hält sie das Buch, liest jedes Wort so fein auf ihre Art.
Das Gefühl, das in mir wohnt, wenn es morgens in der Dunkelheit zu ihr nach Hause ging, damit meine Mutter arbeiten gehen konnte. Sie war es, die mich jeden Morgen zur Bushaltestelle brachte. Während ich in der Schule war ging sie einkaufen, putzte, kochte frisch und gesund. Stand jeden Tag pünktlich nach Schulende wieder an der Bushaltestelle um sicher zu gehen, das ich wohl behalten bei ihr ankam. Das Essen schon fertig. Der Tisch schon gedeckt…
Ich kann mich nicht erinnern, je ein einzig böses Wort von ihr gehört zu haben. Immer hatte sie eine Umarmung und Trost für mich. War ich mir nicht eins mit meiner Mutter, war sie es, die zwischen uns stand und ganz still die Wogen glätten konnte. Ohne ein großes Wort.
So gutmütig, warmherzig und voller Liebe – wie man sich eine Oma eben wünscht.
Genau das war sie für mich. Von Anfang bis zum Ende.
Je mehr sie durcheinander brachte und vergaß, desto mehr verstand ich sie. Mit jedem Tag, den die Demenz sie uns anscheinlich nahm, je mehr öffnete sich ihr Geist für eine Seite die ich nicht beschreiben kann.
Ich hatte dieses Frühjahr ein besonderes Erlebnis bei mir zuhause im Garten. Es war einer der ersten schönen, richtig warmen Tage im Jahr. Meine Kinder spielten und tobten. Sie lachten. Riefen uns zu. Oma verlangte sich Arbeit von mir. Sie wollte nützlich sein. Also ging ich ins Haus und brachte einen Korb mit frischer Wäsche, die sie zusammen legen konnte und für jeden einen Kaffee. Das Ritual meiner Oma und mir, war die tägliche Tasse. Also saßen wir da und schauten diesen 3 lebensfrohen Kindern zu und wir sprachen über früher. Wie es war, als ich ein Kind war. Als ich jeden Tag bei ihr war. In ihrem Garten stand ein Mirabellenbaum. Darunter legten wir eine caramelfarbene Decke und wir schüttelten kräftig daran sodass alle Mirabellen purzelten. Das war eine Freude. Und nochmehr hüpfte mein Herz bei dem Gedanken an den leckeren warmen Kuchen den ich nachher verputzen würde. Einige Zeit später stand ich in der Küche auf einem kleinen Hocker direkt vor dem Herd. Und während Oma unterm Küchenfenster am grauen Tisch saß ,auf ihrem braunen Holzstuhl und ihre Hände schon ganz braun waren vom Entkernen der Mirabellen, rührte ich in einen kleinen Topf alles hinein, was mir in die Hände fiel. Wasser, Zucker, Milch und Butter. Und ganz zum Schluss etwas Spüli für den schönen Schaum. Ich durfte auf kleinster Stufe kochen und war stolz wie eine Königin. Darauf das meine Oma so viel Vertrauen in mich hatte. Darauf, dass ich nützlich war und einfach bei ihr sein konnte. – Mit ihr etwas tun konnte…..
Und dann sah ich sie da sitzen. Schwach und gebrechlich war sie. Innen wie außen. Sie legte die kleinen Kinderkleider zusammen, faltete sie quer und links und legte sie komplett durcheinander auf den Tisch. Ich wusste, ich würde später alles neu falten müssen. Aber wenn ich sie anschaute und sah wie ihre Augen leuchteten beim Anblick ihrer Urenkel, sah ich mich als 6-jährige auf dem Hocker stehen und SIE anlächeln….
Und plötzlich verstand ich so vieles. Den Kreislauf des Lebens. Und ich bin dankbar dass sie mich bis zum Schluss so vieles gelehrt hat. Sie war da, immer. Ob es drauf ankam oder nicht. Sie war einfach da.
Ich werde mich immer mit einem weichen&warmen Gefühl an sie erinnern …. und ich weiß, dass ich sie eines Tages wieder in die Arme schließen darf und sie mich mit genau diesem Gefühl empfangen wird
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